»Unser Fitnessprogramm in drei Worten:

Singen ist Leben«

Der Berliner Ernst-Busch-Chor wird 45 und singt am Wochenende sein traditionelles Januarkonzert. Ein Gespräch mit Daniel Selke

Interview: Uschi Joseph/Gerwin Schweiger
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»Vorwärts heißt die Losung, welche unser Banner schmückt«: Der Ernst Busch Chor wird 45

»November 1918 - Brüder, nicht schießen!«, Januarkonzert des Ernst-Busch-Chors am 27.1. und 28.1. jeweils um 15 Uhr im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur, Friedrichstraße 176-179, Berlin

Daniel Selke ist Diplompianist und Jahrgang 1983. Seit 2013 ist er der künstlerische Leiter des Berliner Ernst-Busch-Chors

Der Ernst-Busch-Chor feiert dieses Jahr sein 45jähriges Bestehen. Er ist noch in der DDR gegründet worden – als Seniorenchor. Wie halten sich seine Mitglieder heute fit?

Wer dem Ernst- Busch-Chor im Internet begegnet, der findet auf unserer Seite unser Fitnessprogramm in drei Worten: »Singen ist Leben!«. Wir halten uns mit regelmäßigen Proben und bis zu 20 öffentlichen Konzerten und Auftritten in allen Bereichen, wo Menschen zusammenkommen, fit. Oder, um ein vom Volksmund abgewandeltes Dichterwort von Johann Gottfried Seume zu zitieren: »Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder«. Da sind wir schon bei der Tradition, beim gelebten Leben – mit all den Hoffnungen, ihm Sinn, Kraft und Nachhaltigkeit zu geben.

Ihr Chor ist der politischen und künstlerischen Traditionspflege verbunden, sowohl dem Werk von Ernst Busch als auch deutschem und internationalem Liedgut der Arbeiterklasse.

Ja, natürlich. Wir fühlen uns dem Kämpfer und Künstler Ernst Busch verbunden. Ernst-Busch-Chor heißt er seit 1983 – mein Geburtsjahr übrigens. Unter dem Namen dieses streitbaren, auch polarisierenden Künstlers an die Öffentlichkeit zu gehen und für den Frieden zu singen, das halte ich für durchaus respektabel. Unser Repertoire umfasst 200 Lieder in zirka 20 Sprachen. Wir singen auch Lieder, die Ernst Busch genauso gerne gesungen hat, zum Beispiel »Die Resolution der Kommunarden« von Brecht und Eisler oder »Vorwärts heißt die Losung, welche unser Banner schmückt«.

Jetzt am Samstag und Sonntag findet Ihr traditionelles Jahreskonzert im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur statt. Hat es ein besonderes Motto?

Vor dem Hintergrund des 100. Jahrestages der deutschen Novemberrevolution haben wir den Ruf der Arbeiter und Soldaten von damals gewählt: »November 2018 – Brüder, nicht schießen!«. Gemeinsam mit dem Publikum werden wir deshalb »Brüder, zur Sonne, zur Freiheit« singen.

Ist das Motto nicht etwas martialisch?

Nein, gar nicht. Es steht für die die historisch belegte Hoffnung und den festen Willen, sich für den Frieden zu entscheiden! Dafür gingen Arbeiter und Matrosen, Frauen und Kinder in den Novembertagen 1918 auf die Straße, um den Soldaten in den Kasernen diesen Ruf der Verbrüderung ans Herz zu legen. In Kiel, wo die Kriegsmarine war, hat der damals 18jährige Ernst Busch diesen Ruf sehr wohl vernommen. »Brüder, nicht schießen!«, das ist der Friedenswille und die Friedenschance bis auf den heutigen Tag.

Bei seinem Januarkonzert hat der Chor immer auch andere Künstler und Ensembles als Gäste eingeladen. Wer ist es dieses Jahr?

Es wird einen Gastauftritt von Acham Ahmand geben. Der palästinensisch–syrische Sänger und Pianist wurde mit seinem Klavier inmitten der Trümmer von Yarmouk weltweit bekannt und kam 2015 als Flüchtling nach Deutschland.

Was für Konzerte stehen 2018 auf dem Programm, gibt es da besondere Höhepunkte?

Für uns ist jedes Konzert ein Höhepunkt und eine Krönung unserer Arbeit. Aber wir freuen uns auf eine Chorreise am dritten und vierten März nach Kiel, in die Heimatstadt von Ernst Busch. Dort werden wir mit dem Ernst-Busch-Chor Kiel gemeinsam auftreten. Am 22. April dann wird unser Chor zum dritten Mal in der Berliner Philharmonie zu erleben sein – im Rahmen eines Sonntagskonzerts mit anderen Chören zu Ehren des 120. Geburtstages von Hanns Eisler.

Das Motto heißt: »Diese Welt woll’n wir mal von nah beseh’n«.

 

 

 

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